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aber durchaus süffisant und treffend als

„Kletteräffchen“.

Günther jedoch war, weil sich ihm als

Jungvolkführer nun neue, mit persön­

lichem Machtzuwachs verknüpfte Pers-

pektiven eröffneten, künftig sogar noch

ausgeprägter karrierebewusst. Dabei zeig-

te er sich, wie schon einmal geschehen,

auch durchaus bereit, Konkurrenten –

notfalls durch Denunziation – auszuschal-

ten und sich sogar als Spitzel des Sicher-

heitsdienstes zu verdingen. Zunächst aber

überwog der Stolz. Als am 26. Oktober

1941 ein großes Gebietsführertreffen in der

Kölner Messehalle stattfand, war auch er

eingeladen und entsprechend begeistert.

„Die ganze Aufmachung war großartig.

Mindestens 100 Fanfaren spielten. Wenn

dann diese Jungen dastehen und gewaltige

Märsche blasen, dann drängt sich einem

unmittelbar der Glaube an ein neues, star-

kes Deutschland auf. Ein neues, starkes

Volk wächst heran. Und ich bin dabei!!“

Geburtsjahrgang 1923 in die SA überführt

wurde, fand auf dem Brühler Markt ein

großer NS-Aufmarsch statt, an dem auch

sämtliche Einheiten der Hitlerjugend teil-

nahmen. 1 050 Jungen marschierten bei

dieser Gelegenheit an Bannführer und

Kreisleiter vorbei – und Günther Roos da-

bei erstmals an der Spitze seines Fähn-

leins.

Auch Vater Toni war überaus stolz auf

die Karriere seines jüngeren Sohnes, dem

er Mitte Oktober zu seiner Beförderung

gratulierte. Er werde wohl „noch mal ein

großer Bonze werden“, dem eine rosige

Zukunft winke, schrieb er zwar launig,

aber sicherlich in ernster Absicht: „Wir

können diese Leute sehr brauchen, denn

hier in Russland ist viel Platz“, und „was

wir einmal haben, geben wir nicht mehr

heraus“. Gustav reagierte auf die Beförde-

rung weitaus zurückhaltender. Immerhin

richtete er Glückwünsche aus, bezeichnete

den aufstiegsorientierten Bruder zugleich

Sturmabteilung (SA)

Die NSDAP hatte ab 1920 einen Ordnerdienst zur gewaltsamen Auseinandersetzung mit politi-

schen Gegnern bei Saal- und Straßenschlachten unterhalten. Aus bewährten Mitgliedern dieses

Schlägertrupps entstand im November 1921 die braun uniformierte „Sturmabteilung“ (SA), die

bis zu ihrem vorübergehenden Verbot nach dem gescheiterten Hitler-Putsch vom 9. November

1923 von rechtsradikalen Offizieren der Freikorps ausgebildet wurde.

Die SA diente der NSDAP als Anlauf- und Sammelpunkt der verarmten und entwurzelten Massen,

insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene. Sie widmete sich der „Eroberung der

Straße“ durch Gewalt und Terror. In der Endphase der Weimarer Republik, in der sie 1932 zeit-

weise verboten war, trug die zur paramilitärischen Massenorganisation gewachsene SA zum

allgemeinen Klima der Angst und Unsicherheit bei, sodass sich Hitler erfolgreich als Garant der

alten Ordnung darstellen konnte.

Nach der NS-Machtübernahme wurde die SA als Hilfspolizei eingesetzt. Sie entfesselte dabei

eine Welle blutigen Terrors gegen politische Gegner und unterhielt eigene Gefängnisse und

Konzentrationslager. Auch an gewaltsamen antijüdischen Aktivitäten war sie beteiligt. Allerdings

wurde die Organisation, die mehr als vier Millionen Mitglieder zählte, der Führung der NSDAP

und konkurrierenden Machtgruppen wie Wehrmacht und SS bald zu mächtig. 1934 wurde ein

angeblicher Staatstreich ihrer Führung („Röhm-Putsch“) blutig niedergeschlagen und die SA

weitgehend entmachtet. Fortan diente sie vor allem der vormilitärischen Ausbildung von Jugendli-

chen und veranstaltete Sammlungen. Eine vorübergehende Rückkehr zu ihrer alten terroristischen

Aufgabe war ihre Teilnahme am Novemberpogrom von 1938. Gegen Ende des Krieges diente

die SA als Reserve bei der Bildung des „Volkssturms“.

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1941: „Ein neues, starkes Volk wächst heran. Und ich bin dabei!“