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überzeugt Günther auch war, so sehr

suchte er in diesem Punkt doch noch

immer nach eigener Orientierung und

Sicherheit. Ihm fehlte in der Weltsicht

Knoblochs eine Stütze, die er als inneren

Halt zumindest zu dieser Zeit noch drin-

gend brauchte – „und danach suche ich

für mich“. Anlässlich des Abschieds aus

dem Reichsarbeitsdienst resümierte er

bezüglich des verehrten RAD-Führers,

der ihn in vielen Punkten wohl an Vater

Toni erinnerte und daher eine Art „Ersatz-

vater“ dargestellt haben dürfte, schließ-

lich: „Nach dem Zapfenstreich kam noch

Knobloch zu uns und verabschiedete sich.

Diesem Mann habe ich unendlich viel zu

verdanken, und ich werde seine Ideen im-

mer in mir tragen.“

Aber nicht nur mit seinem rigorosen

NS-Weltbild, sondern auch durch seine

markigen, oft unter die Gürtellinie zielen-

den Sprüche scheint der Unterfeldmeister

imponiert zu haben. Einige dieser in ihrer

Direktheit erschreckenden und einer Ver-

rohung der jugendlichen Lagerinsassen

sicherlich förderlichen Aussagen hielt

Günther in seinem Tagebuch fest:

„Zaggisch in den Arsch treten.“ – „Sie

nachgemachter Mensch.“ – „Sie vom Him-

mel geschissenes Fragezeichen.“ – „Ich

schlage dich in die Schnauze, dass dir die

Zähne sektionsweise aus dem Arsch mar-

schieren.“ – „Ich spucke dir in den Rachen,

dass dir der Sack platzt.“ – „Du stehst da

wie ein christ-katholischer Arschkapuzi-

ner!“ – „Du in den Arsch gevögelter Fran-

ziskanerpater!“ – „Ich schleife euch, dass

die Füße bis ans Zahnfleisch abnutzen.“ –

„Sie haben wohl eine gute katholische

Erziehung genossen, dass Sie so kalt lä-

chelnd lügen können.“ – „Ihre Ohren sind

so sauber wie die Unschuld einer katholi-

schen Jungfrau.“

Ihre Wirkung – insbesondere in anti-

kirchlicher Hinsicht – dürften solche per-

manent wiederholten Äußerungen nicht

verfehlt haben. Außerdem bereiteten sie

die Heranwachsenden auf den rüden Ton

vor, der in den meisten Einheiten der

Wehrmacht an der Tagesordnung war.

An die bevorstehende Einberufung

dachte Günther in Kamperfehn ebenso

häufig wie an seine Zukunft im Allgemei-

nen. Vorläufig, so vertraute er seinem

Tagebuch am 26. Juli an, gefalle es ihm

beim Arbeitsdienst „ganz gut“. Aber da-

nach? „Ob es mir beim Militär auch so

gut gefällt? Dann bleibe ich wahrschein-

208

208/

Unterfeldmeister Knobloch

(links) und Vormann

Brummerhof während des

„Ordnungsdiensts“ in

Kamperfehn, Sommer 1942

1942: „Macht will ich haben! Alle sollen mich lieben oder fürchten.“

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1942