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Die Wartezeit in Brühl nutzte er für

einen in seinen Augen so selbstverständ-

lichen wie wichtigen Schritt: „Augenblick-

lich habe ich auch wieder die HJ-Uniform

an, denn heute werde ich in die NSDAP

aufgenommen. Dann bin ich Pg [Partei-

genosse]. Ich freue mich, dass ich das

noch eher wurde, als ich zur Wehrmacht

einrücke.“

Ungeduldig wartete Günther nun dar-

auf, eingezogen zu werden. Denn wäre er

nicht binnen drei Wochen nach Ab-

schluss des Arbeitsdienstes einberufen

worden, hätte er, der sich ja nun erwach-

sen

und

in vielen Dingen bereits als „alter Hase“

fühlte, in die Schule zurückkehren müs-

sen. Als am 8. Oktober dann endlich die

Einberufung zum 14. Oktober eintraf,

hätten die Stimmungslagen im Hause

Roos unterschiedlicher nicht sein kön-

nen: „So kam es, dass ich, als mir meine

Mutter heute früh die Einberufung ans

Bett brachte, jubelnd hochsprang und

Hurra schrie. Die Freude, nicht mehr in

die Schule gehen zu müssen, war größer

als das Verständnis für das Leid meiner

Mutter, nun auch den letzten Sohn abge-

ben zu müssen.“ Elisabeth Roos gab ihren

Sorgen in Briefen an den bereits seit acht

Monaten ohne Unterbrechung ab­

wesenden Ehemann Toni und an den an

der Ostfront stehenden Sohn Gustav

deutlichen Ausdruck. „Es ist mir diesmal

furchtbar schwergefallen, dass ich Gün-

ther weggeben musste“, schrieb sie etwa

an Gustav, „viel schwerer als beim Arbeits-

dienst, denn nun weiß ich, dass er auch

jahrelang Soldat sein muss und dass ich

jetzt immer allein bin und nun auch

Sorge um zwei haben muss.“ Auch die

Truppengattung, zu der ihr jüngerer Sohn

eingezogen wurde, bereitete ihr Sorgen,

„weil ich nicht weiß, was es ist“. „Viel-

leicht kannst du mir etwas Näheres darü-

ber schreiben, denn du weißt doch sicher,

was es ist – Nebeltruppe.“

Folgt man seinen Äußerungen im

Tagebuch, machte sich Günther selbst in

dieser Hinsicht keine Sorgen: „Alea iacta

sunt. Habe heute meine Einberufung er-

halten. Am 14.10. muss ich nach Bremen

211

212

211 /

Einberufungsbefehl für Günther Roos

zum 14. Oktober 1942

212 /

Vor dem Antritt seines Wehrdienstes

wurde Günther Roos noch Mitglied

der NSDAP. Mitgliedskarte vom

10. November 1942

213 /

Die „geheimnisvolle und so wirkungs­

volle Waffe“, von der Günther Roos

seinem Vater in einem Brief berichtete.

Zeitgenössische Abbildung, entnommen

aus der „Geschichte der Nebeltruppe“

von Oberstleutnant a. D. Hans Rielau

aus dem Jahr 1965

1942: „Macht will ich haben! Alle sollen mich lieben oder fürchten.“

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