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ßendem Fußmarsch endlich auf dem Truppenübungsplatz an-

gekommen war, wurde, so hielt es Günther Roos im Tagebuch

fest, aus dem verantwortlichen Lehrer umgehend ein Haupt-

mann. Die Schüler wurden auf „Stuben“ verteilt und

nach dem „Zapfenstreich“ zu Bett geschickt. Der

folgende Tag diente zunächst der streng an

militärischen Bezeichnungen und Funktionen ori-

entierten Organisation, was damit begann, dass

die Zivilkleidung gegen Militäruniformen getauscht

wurde.

Die im Lager anwesenden Stamm- und Fähnlein-

führer des Jungvolks wurden bevorzugt behandelt,

indem man sie von den übrigen Schülern trennte

und mit Führungsaufgaben betraute. Günther wurde

beispielsweise zum Führer von Zug 1 der 1. Kompa-

nie „befördert“. Damit verbunden waren neben

Pflichten durchaus angenehme Begleiterscheinungen,

denn das so entstandene militärische Führerkorps

erhielt im Vergleich zu den Stuben der Klassenkame-

raden weitaus komfortablere Zweitbettzimmer zuge-

wiesen. Auch sonst bot das „Führertum“ Vorteile:

„Mit Stubensäubern habe ich jetzt nichts mehr zu

tun. Das machen die anderen“, notiert Günther in

seinem Tagebuch, in dem er zudem darauf hinwies,

dass jetzt nicht mehr vom Putzen die Rede war,

sondern ganz im militärischen Jargon vom „Revier-

reinigen“ gesprochen wurde.

Das, was sich auf den überlieferten Fotos eher wie

ein jungengemäßer Skiurlaub ausnimmt, war nicht

nur wegen der Uniformen und der Dienstbezeich-

nungen eindeutig – und für die Schüler auch als sol-

che erkennbar – eine militärische Übung. Neben

Unterweisungen im Skilaufen gab es Unterrichtsein-

heiten zu „Kartenkunde“, „Orientieren im Gelände“,

„Unterkunftsbau im Winter“ und „Spähtrupp“. Ins-

besondere die für die Ausbildung zuständigen Un-

teroffiziere der Wehrmacht waren offenbar gezielt für diese

Aufgabe ausgesucht und geschult. „Unser Unteroffizier erzählt

uns dann immer von Russland“, notierte Günther Roos mit

Blick auf die Unterrichtseinheit „Orientieren im Gelände“, die

kaum Zweifel an den Zielen der vormilitärischen Ausbildung

in Elsenborn aufkommen lassen konnte. Zugleich wurde

im Rahmen „wehrgeistiger Erziehung“ großer Wert auf die

„richtige“ ideologische Ausrichtung der Schüler gelegt, die

man keineswegs den altvertrauten Lehrern überlassen wollte.

„Abends um 20 Uhr war Heimabend. Ein Unteroffizier erzählte

aus der Kampfzeit. Er hatte das goldene Parteiabzeichen und

den Blutorden“, heißt es im Eintrag zum 21. Februar 1942,

als sich die einwöchige Lagerzeit langsam dem Ende zuneigte.

Diese Personalie belegt, welche Bedeutung solchen Veranstal-

tungen nunmehr beigemessen wurde, denn das goldene Partei-

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„Zum ‚Lehrplan‘ gehörten Skifahren und

Training für den Winterkrieg“, kommentierte

Günther Roos dieses Bild aus Elsenborn.

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„Zwei Wochen Vorgeschmack auf das Soldaten-

leben statt Schulunterricht. Hier sind wir mit

der ganzen Klasse auf dem Marsch zum

Truppenübungsplatz Elsenborn in Belgien“,

beschriftete Günther Roos dieses Foto vom

Februar 1942.

1942: „Macht will ich haben! Alle sollen mich lieben oder fürchten.“

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