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cherheit sah auch er keinen anderen Weg

in die Zukunft, „denn so wie bisher konnte

es ja unmöglich weitergehen“. Nun wisse

„man doch wenigstens, wofür man arbei-

tet“, was ihm bei einem knappen monat-

lichen Festgehalt von 170 RM als wesent-

lichster Aspekt erschien. Und am 23. Juni

skizzierte er die neue Lage: „Das große

Wunder ist natürlich die Währungsre-

form. Plötzlich ist alles da. Man könnte

kaufen, was das Herz begehrt – wenn

man Geld hätte.“ Günther Roos gab sich

optimistisch und bescheiden. Es werde

„bestimmt noch schöner“, schrieb er. Da-

her warte er lieber ab und gebe „keinen

Pfennig aus“. „Aber ich bin froh, dass sie

endlich da ist, der Anfang ist gemacht

und man wird doch nun in die Zukunft

disponieren können. Fest steht, dass wir

sehr bescheiden leben müssen, wollen wir

zu etwas kommen.“

Günther Roos war endgültig im „neuen“

Deutschland, sprich in den drei westlich

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Günther Roos im Sommer 1948

an der Mosel

254

und damit demokratisch orientierten Be-

satzungszonen angekommen. Und, was

man angesichts seiner Einstellung und

Stimmung in den ersten Nachkriegsjahren

kaum vermutet hätte, er fühlte sich dabei

rundum wohl und glücklich. Wie so häufig

nutzte er seinen Geburtstag zur Reflexion

und schrieb am 6. Juni 1948: „Nun bin ich

schon wieder ein Jahr älter. Gerade habe

ich mal die Aufzeichnungen der beiden

letzten Geburtstage gelesen und über-

dacht. Ich glaube, ich bin jetzt auch etwas

glücklicher als damals. Ich habe einen

Beruf, ich habe ein Ziel, ich habe – einen

Menschen. Ich habe Hoffnung! Meine

Wünsche sind in Erfüllung gegangen –

außer einem, Gustav. Und ich bin auch

ganz still und tief glücklich. Und hoffent-

lich kann ich das bei meinem nächsten

Geburtstag genauso sagen wie heute!“

Das war einer der letzten Einträge im

von Günther Roos ab 1939 kontinuierlich

geführten Tagebuch.

Erste Nachkriegsjahre: „Mein Ziel ist der Aufbau einer Existenz.“

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Erste Nach-

kriegsjahre